Der Zoologische Garten in Leipzig ist gewissermaßen "mein" Hauszoo. Nicht nur, weil ich wegen meines Studiums in diese Stadt gezogen und einfach am meisten in diesem Zoo zu finden bin, sondern weil ich ihn von Kleinauf kenne und ihn gewissermaßen über die letzten 16 Jahre hinweg auf seinem Weg zum Zoo der Zukunft begleitet habe. Ich kenne noch den aus heutiger Sicht wahrlich nicht mehr zeitgemäßen Zustand des Zoos vor dem Beginn der Umsetzung des von Zoodirektor Prof. Jörg Junhold umgesetzten Masterplanes und bin noch heute immer wieder erstaunt, auf welch tollem Weg dieser Zoo ist.
Anthony Sheridan, der legendäre Zookritiker, listet den Zoo Leipzig unter allen europäischen Zoos aktuell auf dem zweiten Platz, übertroffen nur vom Wiener Tiergarten Schönbrunn. Damit ist der Zoo Leipzig also deutschlandweit der beste Zoo. Nun ist es mit Rankings ja so eine Sache, fließt doch die persönliche Meinung des Kritikers immer mit in die Bewertung ein. Darf sich der Zoo mit diesen fremden Federn also zu Recht schmücken? Aus meiner Sicht lautet die Antwort: eindeutig ja! Man wird in Deutschland auf absehbare Zeit keinen besseren Zoo finden und wenn die Umsetzung des Masterplans bis 2020 weiter voran schreitet, kann ich mir sogar gut vorstellen, dass der Zoo sich am Tiergarten Schönbrunn vorbei schieben wird.
In Teil 1 unseres Zooportraits über den Zoologischen Garten Leipzig möchte ich jedoch zunächst die Zoohistorie ein wenig beleuchten und den historischen Kern des Zoos, den so genannten Gründergarten, beleuchten, bevor es dann in den "neuen" Teil des Zoos geht.
Die Zoo-Historie
Die Geschichte des Leipziger Zoos beginnt kurioserweise nicht als
wissenschaftlich geführte Einrichtung. Gründer des Zoos war der Gastronom Ernst Pinkert. Seit 1876 stellte er, um
mehr Gäste in seine Gaststätte „Zum
Pfaffendorfer Hof“ zu locken, die ersten Tiere aus, die er vom bekannten
Tierhändler Carl Hagenbeck erhalten
hatte. Zu Pfingsten, am 9. Juni 1878 wurde schließlich der Zoo als 23. Tiergarten in
Europa, eröffnet.
Bald schon wurden die ersten Gebäude errichtet, darunter das
Alte Raubtierhaus, welches noch bis in die 1990er Jahre hinein bestand. Ab 1900
entstanden innerhalb von 2 Jahren zahlreiche Gebäude, die noch heute
existieren, darunter die Kongreßhalle (1900) das Verwaltungs- und Hauptgebäude (heute Ernst-Pinkert-Haus genannt), das Tieraffenhaus (1901) und
das Neue Raubtierhaus (1902), dessen erfolgreiche Zucht dem Zoo nicht nur
internationales Ansehen, sondern auch den Beinahmen „Leipziger Löwenfabrik“
einbrachte.
Nach dem Tode des Zoogründers Pinkert 1909 übernahm Johannes Gebbing den Posten des
Direktors. Unter seiner Federführung konnte 1910 das im Jugendstil errichtete
Aquarium errichtet werden, drei Jahre später erfolgte die Erweiterung des Baues
um ein Terrarium. Es folgten die bis heute für den Zoo prägenden Klinkerbauwerke
wie 1926 das Elefantenhaus, 1928 die Raubtierfreianlagen und die beiden großen
Flugvolieren und 1929 die Bärenburg. Ein 1926 erbautes Planetarium wurde im
Zweiten Weltkrieg völlig zerstört und nicht wieder aufgebaut. 1934 wurden die
Affenfelsen und die Anlage für Pinguine eröffnet. Nach Streitigkeiten mit dem
neuen Dezernenten in der Stadtverwaltung musste Gebbing im selben Jahr seinen
Platz räumen, dessen Posten Prof. Dr.
Karl Max Schneider übernahm, der den Zoo bis zu seinem Tod 1955 leitete,
ehe der inzwischen zum Direktor des neuen Tierparks in Berlin Friedrichsfelde berufene Prof. Dr. Heinrich Dathe, der zuvor
schon als Schneiders Direktoralassistent in Leipzig gewirkt hatte, die Geschäfte
bis 1957 kommissarisch übernahm.
Seit 1973 führt der Leipziger Zoo, der bis heute der
erfolgreichste Züchter des Amurtigers ist, das Internationale Tigerzuchtbuch,
welches das umfangreichste seiner Art ist.
1969 wurde das Neue Vogelhaus eröffnet, 1976 folgten die
Huftierfreianlagen, die direkt an das Rosental grenzten und von dort aus auch
über das „Zooschaufenster“ von außerhalb des Zoos eingesehen werden konnten.
Nach der Wende verlor der Zoo zunehmend an Bedeutung und die
Besucherzahlen gingen rapide zurück. Mit der Ernennung von Prof. Dr. Jörg Junhold zum Direktor begann man mit der völligen
Neugestaltung des bis heute auf rund 26 Hektar angewachsenen Areals zum „Zoo der
Zukunft“ beginnend mit einer neuen Löwenanlage und der weltgrößten
Menschenaffenanlage Pongoland. Bis
2020 erfolgt die Errichtung der sechs Themenwelten Gründergarten, Pongoland, Asien, Afrika, Südamerika und Gondwanaland, der größten Tropenhalle Europas, die 2011 eröffnet wurde.
Der Gründergarten
Schon das imposante Eingangsportal des Zoos, das sich zwischen dem Ernst-Pinkert-Haus (einst Wohn- und Arbeitssitz des Direktors, heute befinden sich hier das Safari-Büro und die Zooschule) und der 1900 erbauten Kongreßhalle aufspannt, vermittelt einen Hauch von Historie. Hoch über den Köpfen der Besucher wacht hier der majestätische Löwenkopf, der sich auch im Logo des Zoos wiederfindet.
Auf die ersten tierischen Zoobewohner trifft man unmittelbar nach Durchqueren der Drehkreuze. Jahrzehntelang wurden die Gäste von der Kolonie der Chileflamingos (Phoenicopterus chilensis) und der Kuba-Flamingos (Phoenicopterus ruber) in Empfang genommen. Die rosafarbenen Vögel bezogen 2014 jedoch die neue Flamingolagune im Ausgangsbereich und haben seither die "Aufgabe", die Besucher zu verabschieden. Das "Begrüßungskomitee" bleibt jedoch südamerikanisch. Auf den 2015 eingeweihten Krallenaffeninseln können die Zoogäste hier Kaiserschnurrbarttamarine (Saguinus imperator), Goldene Löwenaffen (Leontopithecus rosalia) sowie Schwarze Brüllaffen (Alouatta caraya) bei ihren akrobatischen Kletterkünsten beobachten. Die neuen Affeninseln gehören zwar zu den kleineren Anlagen des Zoos, sind dafür aber mit sehr viel Liebe zum Detail gestaltet worden und wirken absolut naturnah. Besonders gut gelungen ist die Gestaltung der rückwärtigen Tierhaltung, die von außen betrachtet wie das lehmige Steilufer eines Flusses mitten in den Tropen wirkt.
Weiter führt der Weg in Richtung Aquarium. Das von 1909 bis 1910 unter dem damaligen Direktor Gebbing errichtete Gebäude besticht durch seine schwungvolle Jugendstilfassade, die architekturbegeisterte Zoobesucher sicher begeistern wird. 1913 wurde das Aquarium bereits durch das Terrarium erweitert. Hauptattraktion des Aquariums ist sicher das große Ringbecken in der ersten Etage im 1992 eingeweihten Neubau des Aquariums. Hier können unter anderem Schwarzspitzenriffhaie (Carcharhinus melanopterus), Bambushaie (Chiloscyllium punctatum), Epaulettenhaie (Hemiscyllium ocellatum), Netzmuränen (Gymnothorax favagineus) und die großen Zackenbarsche (Epinephelus flavocaeruleus) bestaunt werden.Die Riffhaie, die im Gegensatz zu Grundhaien ihre Kiemen nicht aktiv mit frischem, sauerstoffhaltigem Wasser durchspülen können, müssen permanent durch ihre Schwimmbewegung das Wasser passiv durch die Kiemen strömen lassen. Der ringförmige Bau des Beckens unterstützt sie dabei, ihre pausenlosen, weiten Strecken durch den künstlichen Ozean zu schwimmen zu können. Die Bambushaie dagegen kann man oft beim Ruhen am Grund beobachten. Dann zeigen sie auch, wie sie durch ihr so genanntes Spiraculum oder Spritzloch den Kiemen Atemwasser zuführen. Das Spritzloch zieht sich im Übrigen durch die gesamte Wirbeltier-Entwicklung. Bei den Säugetieren einschließlich des Menschen ist daraus die Eustachi-Röhre oder Ohrtrompete geworden.
Eine Etage tiefer, im Erdgeschoss, können im Gezeitenbecken Gefleckte Schützenfische (Toxotes chatareus) beobachtet werden. Diese Brackwasserbewohner fallen vor allem durch ihre besondere Jagdtechnik auf. Mit einem Wasserstrahl schießen sie gezielt Insekten von Zweigen und Ästen, die über das Gewässer hängen. Zu besonderen Anlässen kommen auch die Besucher in den Genuss dieses ungewöhnlichen Schützenfestes. Im Becken nebenan kann eine weitere Toxotes-Art bestaunt werden, der Leopard-Schützenfisch (Toxotes blythi). Eine dritte Art, der Gemeine Schützenfisch (Toxotes jaculatrix) wird in einem Becken im Vulkanstollen des Gondwanalands gehalten. Die Nachzucht der Schützenfische ist äußerst schwierig und galt lange als unmöglich. So verwundert es nicht, dass die Welterstzucht erst 2011 in der Stuttgarter Wilhelma gelang.
Ein weiteres Highlight sind die Stumpfkrokodile (Osteolaemus tetraspis tetraspis). Die seltenen "Zwergkrokodile", für die in Leipzig auch das Europäische Zuchtbuch (ESB) geführt wird, aus Afrika züchten hier regelmäßig, seit 2014 sogar in Naturbrut. Hautnah kann der Besucher hier erleben, wie das Krokodilweibchen das Nest bewacht und den Jungen beim Schlüfen hilft. Dabei geht es mit seiner Schnauze ganz behutsam vor, um mit seinen spitzen Zähnen die Jungtiere bloß nicht zu verletzen. Sogar nach dem Schlupf im Wasser wird der Nachwuchs von der Mutter noch einige Zeit liebevoll behütet.
Im Altbau des Aquariums, ein hufeisenförmiger Gang, der rechts und links von einigen kleineren Becken umsäumt wird und an dessen Stirnseite sich das große Panorama-Riffbecken befindet, finden sich die Lieblinge der Unterwasserwelt, nämlich die Vielzahl der bunten, tropischen Korallenriffbewohner. Der Falsche Clownfisch (Amphiprion ocellaris) kann hier ebenso beim Kuscheln mit seiner Wirtsanemone (zumeist die Kupferanemone (Entacmaea quadricolor)) beobachtet werden wie die tiefseebewohnenden Tannenzapfenfische (Monocentris japonica), Ananasfische (Cleidopus gloriamaris) oder der skurrile Glotzaugenbarsch (Pristigenys serrula). Besonders beliebt bei den Besuchern ist jedoch der Krake (Octopus vulgaris) im Mittelmeerbecken, der in Leipzig traditionell nach einem alkoholischen Getränk benannt wird.
Der Weg führt weiter zum Terrarium. Hier wird man von einem ganz besonders seltenen Reptil in Empfang genommen, der Krokodilschwanzechse (Shinisaurus crocodilurus). Nur zwei Populationen der gefährdeten Art sind aus der Natur bekannt, eine davon in China und die zweite, die erst kürzlich entdeckt wurde, in Vietnam. Im Terrarium wohnt auch der wohl älteste Bewohner des Leipziger Zoos, eine Geierschildkröte (Macrochelys temminckii), die zu entdecken jedoch schwierig ist. Die Tiere harren in ihrer Heimat, den Flüssen des südlichen Nordamerikas, in stiller Bewegungslosigkeit aus, tarnen sich optisch als harmloser Stein und locken nur mit ihrer wurmförmigen Zunge winzige Bewegungen machend kleine Fische an.
Im Madagaskar-Terrarium leben die seltenen Strahlenschildkröten (Astrochelys radiata). Diese Landschildkrötenart ist vor allem durch den zunehmenden Verlust ihres Lebensraumes auf Madagaskar bedroht. Aber auch der Umstand, dass sie als Nahrungsquelle sehr geschätzt werden, trägt zum Rückgang der Population bei, sodass die Internationale Naturschutzunion (IUCN) die Art aktuell als vom Aussterben bedroht geführt. Ihr großes Landschaftsterrarium teilen sich die Schildkröten mit Pantherchamäleons (Furcifer pardalis). Auch der Madagassische Riesentaggecko (Phelsuma madagascariensis grandis), die Art kann sich im gesamten Terrarium frei bewegen, kann ab und an im Geäst oder beim Sonnenbad auf einem Stein beobachtet werden.
Die beiden Mississippi-Alligatoren (Alligator mississippiensis) leben in einem großzügig bemessenen Terrarium, das der Sumpflandschaft der südöstlichen USA nachempfunden ist. Im von Wasserlinsen (Lemna) überwucherten Wasser sind die großen Panzerechsen oft nur schwer zu entdecken und Louisianamoos (Tillandsia usneoides), das botanisch mit den Moosen gar nichts zu tun hat, sondern zu den Bromeliengewächsen (Bromeliaceae) gehört, hängt im Geäst eines Baumes, der dadurch wie ein alter Greis aussieht.
In der Giftschlangenabteilung können nicht nur die Ringhalskobra (Hemachatus haemachatus) und die Lanzenkopf-Klapperschlange (Crotalus polystictus) beobachtet werden, sondern auch der Kupferkopf (Agkistrodon contortrix). Diese Giftschlange, die zu den Grubenottern gehört, kann mit ihrem Grubenorgan die Infrarotstrahlung ihrer Beutetiere wahrnehmen und dank ihrer eingebauten "Wärmebildkamera" selbst in der dunkelsten Nacht ihre Beute gezielt aufspüren.
Erwähnenswert ist außerdem die Haltung des Sepikwarans (Varanus jobiensis). Die auch Jobi-Waran genannten Echsen mit ihrer schönen, perlartigen Zeichnung sind strikte Einzelgänger und deutschlandweit nur in Leizpig zu sehen. 2001 gelang in Leipzig sogar die Welterstzucht dieser zoologischen Rarität.
Wir verlassen das Aquarium, überqueren den bis 2015 neu gestalteten Aquariumsvorplatz und finden uns schließlich im 1902 erbauten Tieraffenhaus wieder. Eine Besonderheit dieses Gebäudes waren die unterirdisch gelegenen Tierpflegergänge, die somit aus dem Blick der Besucher verschwunden waren; sie sind heute jedoch nicht mehr erhalten. Bis 2012 wurden hier noch Meerkatzen gehalten, doch war die Unterbringung für die Affen nicht mehr artgerecht, sodass sie entweder in tiergerechtere Anlagen ins Gondwanaland umzogen oder abgegeben wurden. Die kunstvoll verzierten Außenkäfige wurden leider im Zweiten Weltkrieg zerstört und in einer einfacheren Version aus Stein neu errichtet.
Da das Tieraffenhaus für die Affenhaltung nicht mehr geeignet war, musste eine neue Möglichkeit zur Nutzung gefunden werden. Nach ersten Überlegungen, das Haus in ein Insektarium oder in ein Wüstenhaus umzuwandeln, wurde es 2016 als Koala-Haus neu eröffnet und beherrbergt nun Leipzigs ersten Koala (Phascolarctos cinereus). Oobi-Ooobi, so der Name des männlichen Tiers, bezaubert seitdem die Zoobesucher mit seinem Charme. Mit seiner großen Nase, dem weichen Fell und seinen runden Knopfaugen erinnert der Koala an einen Teddybären, er ist in Wirklichkeit jedoch nicht mit den Bären, sondern als waschechtes Beuteltier mit Känguruhs und Wombats verwandt. Koalas sind extreme Nahrungsspezialisten, die sich von nur rund 20 der 350 in Australien verbreiteten Eukalyptusarten ernähren. Hinzu kommt, dass gerade die jungen Blätter einen hohen Gehalt an giftiger Blausäure haben. In der Natur weichen die Koalas den Giftstoffen aus, indem sie ihren Eukalyptusbaum verlassen und sich einen anderen Baum suchen. Das ist freilich in menschlicher Obhut nicht möglich und lange Zeit galt der Aschgraue Beutelbär daher außerhalb Australiens als unhaltbar. In Grzimeks Tierleben lässt sich über den Koala zum Beispiel lesen: "Wenn man ihnen in der Gefangenschaft nichts anderes vorlegt und ihnen oft sogar in bester Absicht gerade die zartesten und saftigsten jungen Triebe verabreicht, nehmen die Bärchen sie [die Blausäure] schließlich doch auf. Manche der untersuchten Proben enthielten jedoch 0,09 Prozent Blausäure. Das ist eine unglaubliche Menge, 25 Gramm von solchen Blättern töten bereits ein Schaf. Die Tierpfleger hatten ihre Koalas also geradewegs zum Selbstmord gezwungen."
Durch eine eigene Eukalyptusplantage und das Anbieten verschiedener Eukalyptusarten ist das Nahrungsproblem in europäischen Zoos inzwischen gelöst, dennoch sind Koalas weiterhin kostbare und schwierig zu pflegende Tiere, die von der australischen Regierung nur unter strengstens überwachten Auflagen verliehen werden.
Der Weg führt weiter ins 1902 erbaute Neue Raubtierhaus. Hier war lange Zeit Leipzigs berühmte "Löwenfabrik" untergebracht. Über 2.300 Löwen wurden in diesem Gebäude geboren. Aus heutiger Sicht war die Haltung freilich äußerst fragwürdig, sodass die Haltung von Raubtieren mit dem Tod des letzten Leipziger Berberlöwen (Panthera leo leo) Tamrin auslief. Tamrin, der im Alter von 19 Jahren starb, wurde präpariert und kann heute im Naturkundemuseum Leipzig bestaunt werden. Im Neuen Raubtierhaus werden aktuell keine Tiere mehr gehalten, stattdessen wurde darin das Entdeckerhaus Arche eingerichtet, eine multimediale Dauerausstellung, die sich thematisch mit der Historie des Zoos, moderner Zootierhaltung und mit dem Artenschutzgedanken beschäftigt. In einem kleinen Terrarium sollen künftig jedoch wieder einige Tiere ins Neue Raubtierhaus einziehen. Dann nämlich sollen dort Darwin-Nasenfrösche (Rhinoderma darwinii) gehalten werden.
In Teil 2 unseres Zooportraits über den Leipziger Zoo führen wir unseren Rundgang fort und besuchen unter anderem die Lippenbärenschlucht, die aufgeweckten Keas und die größte Taubenart der Welt.
Auf die ersten tierischen Zoobewohner trifft man unmittelbar nach Durchqueren der Drehkreuze. Jahrzehntelang wurden die Gäste von der Kolonie der Chileflamingos (Phoenicopterus chilensis) und der Kuba-Flamingos (Phoenicopterus ruber) in Empfang genommen. Die rosafarbenen Vögel bezogen 2014 jedoch die neue Flamingolagune im Ausgangsbereich und haben seither die "Aufgabe", die Besucher zu verabschieden. Das "Begrüßungskomitee" bleibt jedoch südamerikanisch. Auf den 2015 eingeweihten Krallenaffeninseln können die Zoogäste hier Kaiserschnurrbarttamarine (Saguinus imperator), Goldene Löwenaffen (Leontopithecus rosalia) sowie Schwarze Brüllaffen (Alouatta caraya) bei ihren akrobatischen Kletterkünsten beobachten. Die neuen Affeninseln gehören zwar zu den kleineren Anlagen des Zoos, sind dafür aber mit sehr viel Liebe zum Detail gestaltet worden und wirken absolut naturnah. Besonders gut gelungen ist die Gestaltung der rückwärtigen Tierhaltung, die von außen betrachtet wie das lehmige Steilufer eines Flusses mitten in den Tropen wirkt.
Die Affeninseln sind einer steilen Flussuferwand nachempfunden. |
Das Ringbecken ist das größte Becken des Aquariums. |
Durch das Spritzloch können Grundhaie wie der Epaulettenhai (Hemiscyllium ocellatum) den Kiemen frisches Atemwasser zuführen. |
Ein weiteres Highlight sind die Stumpfkrokodile (Osteolaemus tetraspis tetraspis). Die seltenen "Zwergkrokodile", für die in Leipzig auch das Europäische Zuchtbuch (ESB) geführt wird, aus Afrika züchten hier regelmäßig, seit 2014 sogar in Naturbrut. Hautnah kann der Besucher hier erleben, wie das Krokodilweibchen das Nest bewacht und den Jungen beim Schlüfen hilft. Dabei geht es mit seiner Schnauze ganz behutsam vor, um mit seinen spitzen Zähnen die Jungtiere bloß nicht zu verletzen. Sogar nach dem Schlupf im Wasser wird der Nachwuchs von der Mutter noch einige Zeit liebevoll behütet.
Nachwuchs bei den Stumpfkrokodilen (Ostaeolemys tetraspis tetraspis). |
Der Glotzaugenbarsch (Pristigenys serrula) bewohnt eigentlich die Küstengewässer Kaliforniens. |
Der Krake (Octopus vulgaris) bekommt im Leipziger Aquarium immer den Namen eines alkoholischen Getränkes verpasst. |
Die Krokodilschwanzechse (Shinisaurus crocodilurus) ist in ihrer Heimat gefährdet. |
Die Farbenpracht des Pantherchamäleons (Furcifer pardalis) dient nicht nur zur Kommunikation, sondern auch der Tarnung und zur Thermoregulation. |
Der Große Madagaskar-Taggecko (Phelsuma madagascariensis grandis) kann sich im Terrarium des Leipziger Zoos frei bewegen. |
In der Giftschlangenabteilung können nicht nur die Ringhalskobra (Hemachatus haemachatus) und die Lanzenkopf-Klapperschlange (Crotalus polystictus) beobachtet werden, sondern auch der Kupferkopf (Agkistrodon contortrix). Diese Giftschlange, die zu den Grubenottern gehört, kann mit ihrem Grubenorgan die Infrarotstrahlung ihrer Beutetiere wahrnehmen und dank ihrer eingebauten "Wärmebildkamera" selbst in der dunkelsten Nacht ihre Beute gezielt aufspüren.
Der Kupferkopf (Agkistrodon contortrix) kann wie alle Grubenottern seine Beutetiere durch deren Wärmeabstrahlung erkennen. |
Wir verlassen das Aquarium, überqueren den bis 2015 neu gestalteten Aquariumsvorplatz und finden uns schließlich im 1902 erbauten Tieraffenhaus wieder. Eine Besonderheit dieses Gebäudes waren die unterirdisch gelegenen Tierpflegergänge, die somit aus dem Blick der Besucher verschwunden waren; sie sind heute jedoch nicht mehr erhalten. Bis 2012 wurden hier noch Meerkatzen gehalten, doch war die Unterbringung für die Affen nicht mehr artgerecht, sodass sie entweder in tiergerechtere Anlagen ins Gondwanaland umzogen oder abgegeben wurden. Die kunstvoll verzierten Außenkäfige wurden leider im Zweiten Weltkrieg zerstört und in einer einfacheren Version aus Stein neu errichtet.
Da das Tieraffenhaus für die Affenhaltung nicht mehr geeignet war, musste eine neue Möglichkeit zur Nutzung gefunden werden. Nach ersten Überlegungen, das Haus in ein Insektarium oder in ein Wüstenhaus umzuwandeln, wurde es 2016 als Koala-Haus neu eröffnet und beherrbergt nun Leipzigs ersten Koala (Phascolarctos cinereus). Oobi-Ooobi, so der Name des männlichen Tiers, bezaubert seitdem die Zoobesucher mit seinem Charme. Mit seiner großen Nase, dem weichen Fell und seinen runden Knopfaugen erinnert der Koala an einen Teddybären, er ist in Wirklichkeit jedoch nicht mit den Bären, sondern als waschechtes Beuteltier mit Känguruhs und Wombats verwandt. Koalas sind extreme Nahrungsspezialisten, die sich von nur rund 20 der 350 in Australien verbreiteten Eukalyptusarten ernähren. Hinzu kommt, dass gerade die jungen Blätter einen hohen Gehalt an giftiger Blausäure haben. In der Natur weichen die Koalas den Giftstoffen aus, indem sie ihren Eukalyptusbaum verlassen und sich einen anderen Baum suchen. Das ist freilich in menschlicher Obhut nicht möglich und lange Zeit galt der Aschgraue Beutelbär daher außerhalb Australiens als unhaltbar. In Grzimeks Tierleben lässt sich über den Koala zum Beispiel lesen: "Wenn man ihnen in der Gefangenschaft nichts anderes vorlegt und ihnen oft sogar in bester Absicht gerade die zartesten und saftigsten jungen Triebe verabreicht, nehmen die Bärchen sie [die Blausäure] schließlich doch auf. Manche der untersuchten Proben enthielten jedoch 0,09 Prozent Blausäure. Das ist eine unglaubliche Menge, 25 Gramm von solchen Blättern töten bereits ein Schaf. Die Tierpfleger hatten ihre Koalas also geradewegs zum Selbstmord gezwungen."
Durch eine eigene Eukalyptusplantage und das Anbieten verschiedener Eukalyptusarten ist das Nahrungsproblem in europäischen Zoos inzwischen gelöst, dennoch sind Koalas weiterhin kostbare und schwierig zu pflegende Tiere, die von der australischen Regierung nur unter strengstens überwachten Auflagen verliehen werden.
Oobi-Ooobi ist Leipzigs erster Koala (Phascolarctos cinereus adustus). |
In Teil 2 unseres Zooportraits über den Leipziger Zoo führen wir unseren Rundgang fort und besuchen unter anderem die Lippenbärenschlucht, die aufgeweckten Keas und die größte Taubenart der Welt.
Literatur
Grzimek, Bernhard (Hrsg.): Grzimeks Tierleben. Band 10 Säugetiere 1, Bechtermünz, Augsburg 2000, ISBN: 978-3828916036
Naturkundemuseum Leipzig: Das zweite Leben des Löwen Tamrin, abgerufen am 16.09.2016
Wikipedia.org: Zoo Leipzig, Version vom 29.08.2016, abgerufen am 08.09.2016
Zoo Leipzig: Wir über uns - Zoo-Historie, abgerufen am 08.09.2016
Zootierliste.de: Varanus jobiensis (Sepikwaran), abgerufen am 16.09.2016
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